Die Liverpool Kathedrale, the Cathedral Church of Christ, feiert in diesem Jahr die Tatsache, dass vor 100 Jahren der Grundstein gelegt und vor 80 Jahren die erste Kapelle eingeweiht wurde. Da im Rahmen der Städtepartnerschaft Köln – Liverpool bereits seit zwei Jahrzehnten auch eine ökumenische Partnerschaft besteht, sind die Kathedralen-Feierlichkeiten ein guter Anlass, die Freundschaft zu pflegen und mit zu feiern.
Zum Bau der Liverpool Kathedrale Etwa 24 Jahre nach Gründung der anglikanischen Diözese Liverpool wurde der Kathedralenbau beschlossen; die erhöhte Lage auf St. James’ Mount macht das Gotteshaus zu einem weithin sichtbaren Wahrzeichen. Bischof Francis James Chavasse wird als Stifter bezeichnet; er gehörte zu den treibenden Kräften des Projektes. Den Architektur-Wettbewerb mit 103 Bewerbungen gewann Giles Gilbert Scott, der zu diesem Zeitpunkt ganze 22 Jahre jung und obendrein katholisch war. Der Spross einer Architektenfamilie wurde im Laufe seines Lebens mehrfach für seine Leistungen ausgezeichnet und schließlich geadelt; er starb 1960 vor der vollständigen Baufertigstellung. Weltbekannt ist sein Design der berühmten roten Telefonzelle. Da Scott bei Baubeginn noch jung und unerfahren war, stellte man ihm einen erfahrenen, beratenden Architekten zur Seite, der schon nach vier Jahren verstarb. Scott legte den Entwurf für eine Kirche von gigantischem Ausmaß in mittelalterlichem Stil vor; die Kirche sollte für die nächsten 1000 Jahre Bestand haben.
Die Grundsteinlegung erfolgte am 19. Juli 1904 durch König Edward VII und Königin Alexandra. Der 5 Tonnen schwere Sandstein trägt die Inschrift:
“Other foundation can no man lay than that which is laid, which is Jesus Christ”
Einen anderen Grund kann kein Mensch legen als den, der schon gelegt ist,
nämlich Jesus Christus selbst.
Die Bauzeit zog sich bis 1978 hin; dann übergab Elisabeth II. die Kathedrale an die Öffentlichkeit. Die ursprünglichen Pläne mussten mehrfach geändert und den jeweiligen Möglichkeiten angepasst werden. So hat die Kathedrale heute einen 109 Meter hohen Turm (statt der ursprünglich geplanten drei Türme). Das Geläut besteht aus 14 Glocken. Der Grundriss ist ein Doppelkreuz mit zwei Querschiffen und einem Langschiff von 204 Metern Länge mit einer tiefer liegenden Eingangshalle, der Halle unter dem Turm und dem Chor. 59 Fenster mit farbenprächtigen Motiven schmücken den Bau. Der Hochaltar ist – wie der gesamte Bau - aus örtlichem, rotem Sandstein gefertigt; seine Altarfiguren und Ornamente haben reiche Goldverzierungen. Die raumfüllende Orgel hat fünf Manuale und fast 10.000 Pfeifen, die zu beiden Seiten des Chors verteilt sind.
Neben dem Buch- und Souvenir-Laden befindet sich im Langschiff eine Cafeteria mit Aussenterrasse. Seit gut 15 Jahren wird ein Teil des Untergeschosses als Konferenz-Zentrum genutzt.
Die Kathedrale bietet Sitzplätze für 3.000 Menschen. Je nach Betrachtungsweise ist diese Kirche die viert oder fünft größte anglikanische Kathedrale in der Welt.
Weitere Einzelheiten unter www.liverpoolcathedral.org.uk.
Zu den Feierlichkeiten 2004 Im Januar stellte eine Gruppe des Erzbistums Köln die Tradition der Sternsinger in der Kathedrale dar. Markus Günzel, Till Billecke, Wolfgang Küpper und Sebastian Witte – vier frühere Sternsinger - inzwischen junge Männer – wurden begleitet von Prälat Johannes Bastgen, Domdiakon Raimund Witte und Rainer Will vom Katholischen Bildungswerk . Die Gruppe nahm zu Epiphanias an der Eröffnung der Feierlichkeiten teil; die jungen Männer stellten die Drei Heiligen Könige dar.
Gleichfalls im Januar wurde das Kreuz des Weltjugendtages 2005 – vom Papst gestiftet - in Liverpool vorgestellt; dazu gab es eine ökumenische Versammlung von 600 Kinder und Jugendliche in der Kathedrale.
Zu Ostern war Königin Elisabeth II und der Prinzgemahl zu einem Sonntagsgottesdienst eingeladen.
Die Höhepunkte der Festzeit lagen im Juli. Dazu hatten der Dean der Kathedrale, The Right Reverend Dr. Rupert Hoare, und das Kathedralen-Kapitel auch Gäste aus der anglikanischen Partnerdiözese Akure/Nigeria, den dortigen methodistischen Bischof sowie aus der Partnerstadt Köln eingeladen. Die Kölner nahmen an zwei Wochenenden teil.
Wochenende 9. – 12. Juli Die anglikanische Kathedrale ist für ihre Orgel- und Chorkonzerte bekannt und berühmt; gelegentlich werden sie im Radio übertragen und als Tonträger veröffentlicht. Der erste Julisonntag stand im Zeichen der Kirchenmusik. Daran beteiligte sich der Kölner Oratorienchor mit 89 Mitgliedern unter Leitung von Andreas Meisner. Der Oratorienchor sang die Bach-Kantate „Der Herr ist mein getreuer Hirt“ und zusammen mit dem Chor der Kathedrale (36 Mitglieder) die Schubert-Messe in G-Dur. Dr. Hans-Georg Link, auch Mitglied dieses Chores, hatte seit Mitte der 80-er Jahre als Ökumenepfarrer des Ev. Stadtkirchenverbandes an der ökumenische Partnerschaft Köln – Liverpool mitgewirkt. An diesem Sonntag hielt er die Predigt über Kol. 1, 3 – 14, und das in knapp 5 Minuten.
Abends gab der Oratorienchor in der gut besuchten Kathedrale ein Konzert - das Requiem von W.A. Mozart in D-Moll – begleitet von einem speziell zusammengestellten Orchester.
Das internationale Seminar zum Thema „Armut und Gesundheit“ führten alle Gäste und Gastgeber zu einem thematischen Austausch zusammen. Eine Ärztin mit langjähriger Erfahrung im Kongo hielt den Einleitungsvortrag. In mehrfach wechselnden Gruppen diskutierten die Teilnehmenden ihre unterschiedlichen Wahrnehmungen und Wertvorstellungen. Aus Köln nahmen teil: Der Mediziner Dr. Th. Joisten, der das Kölner „Haus Salierring“ für Obdachlose betreut, seine Tochter, Marten Marquardt, Leiter der Melanchthon-Akademie sowie vier Mitgliedern des Oratorienchors: H.-G. Link, Peter Busmann, Beate Woike, Ulrike Dücker.
Wochenende 17. – 22. Juli
Die Höhepunkte der Feierlichkeiten erlebten zwei Kölner Gruppierungen: zum einen die 11-köpfige Kirchendelegation: mit Ernst Fey/Ev. Stadtsuperintendent und Ehefrau Kristine, Dechant Rainer Fischer, Hannelore Bartscherer/Vorsitzende des Katholikenausschusses, Marten Marquardt/Melanchthon-Akademie und Ehefrau Reinhild, Hannelore Morgenstern-Przygoda/Sozialwerk, Sonja Sailer-Pfister/Katholisches Stadtdekanat, Ingrid Schäfer /Vorstandsmitglied des Ev. Stadtkirchenverbandes und Ehemann und Andrea Schlüter, Katholische Glaubensinformation sowie für die drei Mitglieder der städtischen Delegation: Bürgermeister Manfred Wolf, seine Frau und Lydia Klütsch, die zuständige Referentin des städtischen Büros für internationale Angelegenheiten. Die Veranstaltungen standen im Zeichen von Erinnerung, Fest und Perspektiven.
Samstag, 17. Juli: Wallfahrtstag In den zurückliegenden Monaten hatten Gruppen aus den Dekanaten der Liverpooler Diözese Kontakte zur Kathedrale unter dem Gedanken der Wallfahrt aufgenommen und waren mit ihren Darbietungen auf den St. James’ Mount gepilgert.
An diesem Wochenende verband eine große Inszenierung mit Tanz, Drama und Musik viele Gemeindegruppen aller Altersstufen zu einer Wallfahrtsparade; die Teilnehmenden erschienen bunten Kostümen mit den Farben des Regenbogens. Die Prozession hatte bei der katholischen Metropolitan Cathedral begonnen, ging über die – beide Kirchen verbindende - Hope Street und stellte in der anglikanischen Kathedrale Impression des Bauens, der Fußabdrücke des persönlichen und kirchlichen Pilgerweges und des Feiern selbst dar. Die ca. 300 KirchenbesucherInnen reagierten mit freudiger Überraschung, als ein riesiges Netz mit Farbtücher, das die menschliche Bewegung und die Metamorphose von der Raupe zum Schmetterling ausdrückte, unerwartet über und mit den tanzenden Menschen schwang.
Sonntag; 18. Juli: Festgottesdienste und Feuerwerk
Es brauchte eine 19-seitige Broschüre, um den Verlauf des Gottesdienstes am Vormittag zu dokumentieren. An der gut eineinhalbstündigen Messe mit Eucharistie nahmen neben dem Kathedralen-Kapitel auch the Right Reverend James Jones, der Bischof der Liverpooler Diözese teil. Die Anwesenden aller Konfessionen waren zur Teilnahme am Abendmahl eingeladen. Typisch für die Kathedrale waren wiederum die besonderen musikalischen Beiträge durch Orgel und Chöre; dieses Mal mit dem jüngst gegründeten Mädchenchor. Ein führender britischer Komponist, John Taverner, schrieb speziell für diesen Anlass eine Auftragskomposition, die uraufgeführt wurde. Gleichzeitig polierte ein kleiner Chorknabe das Fußbodenmosaik mit den Buchstaben für Alpha und Omega.
Am Nachmittag folgte eine weitere Messe für die Freunde der Kathedrale. Der emeritierte Physiker und Reverend Sir John Polkinghorne (Cambridge) leitete diesen Gottesdienst mit 2000 Besuchern und Besucherinnen.
Den krönenden Abschluss des Tages bildete ein 15-minütiges Feuerwerk, das vom Dach und Turm der Kathedrale weithin zu sehen war (finanziert aus dem Kulturhauptstadt-Etat).
Montag, 19. Juli: 100 Jahre nach der Grundsteinlegung Auf die Stunde genau und 100 Jahre danach gedachten etwa 2.500 Menschen der Grundsteinlegung an diesem Montag um 16 Uhr mit einem der großen Kirche entsprechenden Gottesdienst.
Während der Wartezeit füllten drei Organisten die riesige Halle mit mächtigem Orgelklang, komponiert von Kathedralen-Organisten. Später kamen 80 Mitglieder aus verschiedenen Chören hinzu.
Zahlreiche Prozessionen zogen ein: geistliche und politische Würdenträger, Kinder oder Enkel der Bauhandwerker und der Architekten, Vertretungen für die Sponsoren, ehemalige und heutige Mitglieder der Chöre und des Kathedralenpersonals, Mitglieder der Gästegruppen sowie der Earl und die Countess of Wessex (Eduard und Sophie).
Die Predigt hielt the Very Reverend Ken Riley, früher Kapitelmitglied und heute Dean der Kathedrale in Manchester. Seine intime Kenntnis des Kathedralen- und Kirchenlebens erlaubte ihm ernste und heitere Rück- und Ausblicke; dabei bezog er sich auch auf das Heft zum Gottesdienstverlauf, das dieses Mal 34 Seiten umfasste. Mit letzten Meißelschlägen wurde eine Steinrosette fertig gestellt, die nun das Gegenüber zum Grundstein bildet.
Für eine gerade renovierte Seitenkapelle wurden Dean Hoare Geschenke überreicht: zwei Kerzenhalter vom Dean der Metropolitan Cathedral, eine Bibel vom Bischof aus Akure und zwei Ikonen von der Kölner Kirchendelegation (Fey, Fischer, Bartscherer).
Zum Abschluss öffnete man die Türen des Langschiffs und damit die Kathedrale für die Stadt und ihre Menschen.
Die Kollekte fiel reichlich aus und in einem Falle auch vom Sammelteller; beim Aufheben half sogar der in der Nähe stehende Earl Eduard.
Anschließend gab es Sekt und Kuchen für alle und eine gedruckte Information über die nächsten Vorhaben der Kathedrale. Im zweiten Jahrhundert ihrer Existenz sollen zunächst die Arbeiten zum Erhalt der Bausubstanz weitergehen, das Besuchszentrum soll modernisiert und ein Bildungszentrum speziell für die Jugend aufgebaut werden. Diese Entwicklungskampagne wird voraussichtlich 10 Mio. GBP kosten.
Aus dem Begleitprogramm für die Besuchsdelegationen Für den dreiwöchigen Besuch der nigerianischen (13) und Kölner Kirchengäste hatten die Liverpooler Gastgeber Privatunterkünfte gefunden – eine schwierige Aufgabe für 89 Chormitglieder. Neben den offiziellen Veranstaltungen nahmen sich die Gastgebenden Zeit für individuelle Wünsche, Kathedralenführungen, gemeinsame Mahlzeiten – eine davon wurde in der neu eröffneten Piazza der Metropolitan Cathedral ausgerichtet -, für einen Empfang bei Lordmayor Rodererick, der seit Mai diese ehrenamtliche Funktion innehat.
Auch Bürgermeister Wolf wurde ins Rathaus eingeladen und traf neben dem Lordmayor auch Mitglieder des Stadtrates. Barbara King, die für internationale Angelegenheiten zuständige Referentin des Liverpooler Rates koordinierte dieses Programm.
Schließlich begleiteten die Kirchengästen Dean Hoare in die St. Margaret’s Church im Stadtteil Toxteth. Die Restaurierung dieser katholischen Kirche wurde mit einer besonderen Messe gefeiert.
Weitere Planung oder Vorschläge Dean Hoare entließ seine Gäste nicht, ohne zu fragen: Was können wir gemeinsam in der Zukunft tun? In einer kurzen Gesprächrunde wurden Vorschläge gesammelt und Maßnahmen in Planung mitgeteilt.
Hannelore Morgenstern-Przygoda, Juli 2004
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